Es gibt neue Empfehlungen, mit denen du dein Baby vor Allergien schützen kannst. Gewöhnung ist dabei besser als Vermeidung.

Lange ging man davon aus, dass die wirkungsvollste Maßnahme, Allergien zu verhindern, die Vermeidung sei:

  • In Familien, in denen ein Allergierisiko besteht, sollten potenzielle Allergene wie Hausstaub und Pollen, Eier, Fisch, Nüsse und Tierhaare während der Schwangerschaft und der Stillzeit und auch im frühen Kindesalter möglichst gemieden werden.
  • Im Babyhaushalt sollte unnachgiebig auf Hygiene geachtet, nicht voll gestillte Babys aus Allergikerfamilien mit einer hypoallergenen (HA) Nahrung gefüttert werden.
  • Die Kinder sollten außerdem möglichst spät Beikost wie Gemüse, Obst, Getreide und Nudeln zugefüttert bekommen. Allergenreiche Nahrungsmittel wie Milch, Eier und Fisch sollte das Kind frühestens im Alter von neun bis zwölf Monaten bekommen.
  • Das Kinderzimmer sollte mit einer neuen Matratze und eventuell mit einem milbendichten, allergenfilternden Matratzenbezug (Encasing) milbenfrei gehalten werden. Haustiere sollten unbedingt abgeschafft werden.

Nun zeigt sich, dass das womöglich ein Irrweg war. Die Stiftung Kindergesundheit weist darauf hin, dass das kindliche Immunsystem möglichst früh den Umgang mit potentiell Allergie auslösenden Stoffen lernen sollte.

Vorbeugung von Allergien: Gewöhnung ist besser als Vermeidung

Professor Dr. Dr. Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der Universitätskinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit: „Es wurde immer deutlicher, dass Verzögern und Vermeiden von Lebensmitteln mit allergenem Potential das Immunsystem von Kindern in eine falsche Richtung programmieren kann. Ein früher Kontakt zu den vielfältigen Mikroben und Allergenen der Umwelt dagegen mobilisiert die Abwehrkräfte und führt so zu einer normalen Immunantwort und zum Aufbau einer Toleranz gegen Umweltantigene. Fehlen solche Reize, dann ist das Immunsystem gewissermaßen ‚unterbeschäftigt‘ und sucht sich seine Feinde selbst, um sie dann mit unerwünschten, allergischen Immunantworten zu bekämpfen“. Statt Vermeidung wird heute eher zur Gewöhnung geraten, mit dem Fachwort „Toleranzinduktion“: Je früher und vielfältiger ein Kontakt mit potenziell Allergie auslösenden Stoffen entsteht, desto leichter lernt das Immunsystem den Umgang mit ihnen.

6 Tipps zur Allergieprävention beim Baby

Die Stiftung Kindergesundheit nennt einige wichtige Beispiele für konkrete Handlungsempehlungen, mit denen du das Risiko für Allergien bei deinem Baby mindern kannst:

  • Nahrungsmittel in Schwangerschaft und Stillzeit: Für den Nutzen von Essenseinschränkungen während der Schwangerschaft und in der Stillzeit gibt es keine Belege: „Schwangere sollten sich nach Lust und Laune, freilich möglichst ausgewogen und abwechslungsreich ernähren“, empfiehlt Professor Dr. Berthold Koletzko. „Spezielle Lebensmittel sind in aller Regel nicht notwendig. Schwangere sollten stattdessen auf eine mannigfaltige und nährstoffdeckende Ernährung in Schwangerschaft, Stillzeit und im ersten Lebensjahr achten. Auch Fischmahlzeiten sind empfehlenswert“.
  • Hypoallergene Flaschennahrung: In den ersten sechs Monaten sollte das Kind gestillt werden – für die Dauer von mindesten vier Monaten ausschließlich. Das gilt für Kinder mit erhöhtem Allergierisiko ebenso wie für alle anderen Babys. Auch nach der Einführung von Beikost sollte weitergestillt werden, betont Professor Koletzko. Kann nicht mehr oder nicht ausreichend gestillt werden, kann das Kind eine handelsübliche Säuglingsanfangsnahrung bekommen. Säuglingsnahrungen mit aufgespaltenem oder hydrolysierten Milcheiweiß (sogenannte HA-Nahrung) werden als sicher bewertet und von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin als eine mögliche Option bewertet. Sojanahrung, Ziegenmilch oder Getreidedrinks sind zur Allergievorbeugung nicht geeignet.
  • Beikost-Beginn: Ein Beginn der Beikostfütterung auch mit Gabe von Lebensmitteln mit hohem allergenen Potential im Alterszeitraum zwischen etwa vier und sechs Monaten reduziert das Allergierisiko im Vergleich zu einem späteren Beikostbeginn mit sechs Monaten. Die neue europäische Leitline zur Allergieprävention bezeichnet das Alterszeitfenster von vier bis sechs Monaten für die Beikosteeinführung als den effektivesten Zeitraum für die Senkung des Allergierisikos.
  • Umgang mit hochallergenen Nahrungsmitteln: Für Kinder aus Allergikerfamilien gelten die gleichen Empfehlungen wie für alle anderen Kinder ohne Allergiebelastung. Sie sollten ab dem vollendeten vierten Lebensmonat möglichst zügig eine vielseitige Kost kennenlernen, am besten alles, was in ihrer Familie gegessen wird. Eine Einschränkung gibt es allerdings bei Eiern: Zur Prävention einer Allergie gegen Hühnereiweiss wird die regelmässige Gabe von durcherhitztem Hühnerei ab dem fünften Lebensmonat (also im Alter von vier abgeschlossenen Monaten) mit der Einführung der Beikost empfohlen. Das heißt: Eier für das Kind nur in verbackener Form oder hart gekocht, aber kein rohes Ei und auch kein Rührei.
  • Haustier: Haustiere gelten nicht mehr als Allergierisiko. Kinder, die in den ersten drei Lebensjahren mit Hunden aufwachsen, entwickeln sogar seltener Allergien und Asthma als Kinder ohne Hunde. Für die Abschaffung bereits vorhandener Hunde und Katzen aus Gründen der Allergievermeidung besteht also kein Grund. Eine Einschränkung ist allerdings auch bei dieser Frage geblieben: Wenn in einer Familie hohes Allergierisiko besteht oder das Kind bereits unter einem atopischen Ekzem (Neurodermitis) leidet, sollte keine Katze neu angeschafft werden.
  • Hausstaubmilben: Die Verwendung milbenallergendichter Matratzenüberzüge (Encasings) ist nur dann nützlich, wenn jemand in der Familie bereits unter einer nachgewiesenen Allergie gegen Hausstaubmilben leidet.

Foto: Pexels / Sarah Chai

Quelle: Stiftung Kindergesundheit

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