Kinder sollen toben, sich ausprobieren, Sport treiben… aber bestenfalls dabei ihre Zähne nicht verlieren. Worauf können Eltern achten, damit kein Zahnunfall passiert?

Wir haben den Experten Prof. Dr. Gabriel Krastl befragt:

Wie können Eltern helfen, einen Zahnunfall zu vermeiden?


Zunächst gilt es Risikofaktoren zu erkennen. Zahnunfälle im Milchgebiss ereignen sich am häufigsten zwischen dem 18. und 30. Lebensmonat. In dieser Entwicklungsphase sind einerseits die motorischen Fähigkeiten des Kindes noch eingeschränkt und andererseits potenzielle Risiken im Umfeld für das Kind noch nicht abschätzbar.

Später, wenn die bleibenden Frontzähne schon durchgebrochen sind, passieren viele Zahnunfälle beim Sport. Insbesondere beim Ausüben von Risiko- und Kampfsportarten ist das Tragen eines professionellen Zahnschutzes sehr empfehlenswert. Der Zahnarzt kann beraten in welchen Situationen dies sinnvoll ist. Sind die oberen bleibenden Frontzähne zu weit vorstehend ist das Risiko für einen Zahnunfall ebenfalls stark erhöht. In solchen Fällen kann eine frühzeitige Vorstellung in einer kieferorthopädischen Praxis sinnvoll sein.

Zunächst einmal heißt es Ruhe bewahren! Oft sieht es schlimmer aus als es vielleicht ist – gerade wenn etwas Blut fließt. Es gibt aber zwei Situationen, in denen man sofort handeln muss:

Nun ist er passiert – der Zahnunfall. Wie sollte man direkt reagieren? Und was sollte man unbedingt vermeiden?

Erste Situation wäre ein ausgeschlagener bleibender Zahn. Dieser kann wieder eingepflanzt werden. Damit der Zahn aber problemlos einheilt, ist entscheidend, dass die Zellen auf der Wurzeloberfläche nicht austrocknen. Das Beste wäre wenn der Zahn bis zur Behandlung durch den Zahnarzt in einer so genannten Zahnrettungsbox gelagert wird. Sie enthält eine spezielle Nährlösung, welche die Zellen über viele Stunden am Leben hält. 

Da an vielen Orten leider keine Zahnrettungsbox verfügbar ist sollte der Zahn zumindest feucht gehalten werden. Kalte H-Milch wäre hierfür ganz gut geeignet. Oder man wickelt den Zahn in Frischhaltefolie ein um zumindest die Restfeuchtigkeit zu erhalten. Und dann sofort zum Zahnarzt. Die Lagerung des Zahnes in Leitungswasser wäre nicht gut da die Zellen in Leitungswasser schnell absterben. 

Für besonders Mutige gibt es noch eine sehr gute Empfehlung für die Erstbehandlung am Unfallort: Ist der ausgeschlagene Zahn frei von sichtbaren Verschmutzungen (z.B. Unfallort Schwimmbecken), wäre ein Wiedereinpflanzen bereits an der Unfallstelle optimal. Erfahrungsgemäß wird diese Möglichkeit der Sofortreplantation durch Patienten bzw. Angehörige nur selten genutzt.

Deswegen gilt für die meisten Fälle: Zahn suchen, ihn nie an der Wurzel anfassen, zellfreundlich feucht lagern und schnell zum Zahnarzt.

Eine zweite denkbare Situation, die ein sofortiges Handeln am Unfallort erfordert sind abgebrochene Zähne. In solchen Fällen sollten die Bruchstücke unbedingt gesucht werden da diese in vielen Fällen problemlos wieder angeklebt werden können. Auch Zahnfragmente sollten feucht gelagert werden damit sie nicht austrocknen und ihre Farbe verändern. Im Gegensatz zu vollständig ausgeschlagenen Zähnen ist für Zahnfragmente aber Leitungswasser völlig in Ordnung


Prof. Dr. Gabriel Krastl

Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie (DGET) und Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie und Leiter des Zahnunfallzentrums am Universitätsklinikum Würzburg.


Wo erhält man eine Zahnrettungsbox?

Eigentlich sollte eine Zahnrettungsbox in jeder Schule, jedem Sportverein und jeder Hausapotheke vorhanden sein. Aber das ist leider noch Wunschdenken. Und auch in Apotheken ist die Zahnrettungsbox nicht immer vorrätig.

Um wirklich flächendeckend eine Verbesserung der Zahnrettung zu etablieren, wurde vor einigen Jahren ein bundesweites Projekt initiiert, mit dem Ziel Zahnrettungsboxen überall dort verfügbar zu haben wo Zahnunfälle passieren, um die Zeit bis zur optimalen Lagerung deutlich zu verkürzen. Das Projekt ist noch im Aufbau, ist aber schon in einigen Städten mit großem Erfolg umgesetzt worden. 

Im Fall eines Zahnunfalls kann man auf www.zahnunfall24.de den aktuellen Standort ermitteln und anschließend wird der Standort der nächstgelegenen Zahnrettungsbox auf der Karte angezeigt (z.B. Schulen, Sportvereine, Tankstellen …) Dort erhält man im Notfall die Zahnrettungsbox und einen Flyer als Anleitung.

Ausgeschlagener Milchzahn: Egal?

Ausgeschlagene Milchzähne sollten, im Gegensatz zu bleibenden Zähnen, nicht wieder eingepflanzt werden da die Gefahr den bleibenden Zahnkeim durch das Wiedereinpflanzen des Milchzahnes zu schädigen zu groß wäre.

Wie groß ist die Heilungschance bei einem wieder eingesetzten bleibenden Zahn?

Unter optimalen Voraussetzungen – dies gilt, wenn der Zahn entweder sofort am Unfallort replantiert oder in einer Zahnrettungsbox gelagert wird, ist die Chance, dass dieser Zahn einheilt, sehr hoch. In der Realität ist die Rettungskette allerdings lediglich bei etwa einem Drittel der ausgeschlagenen Zähne so gut, dass der Zahn ohne Komplikationen einheilen kann.

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