Zehn Prozent aller Kinder in Deutschland kommen zu früh, also vor der 37. Schwangerschaftswoche, auf die Welt. Ein Prozent der Schwangerschaften endet sogar bereits vor der 32. Woche – die Medizin spricht dann von extrem zu früh Geborenen. Diese Kinder wiegen unter 1.500 Gramm und benötigen eine besondere medizinische Versorgung. Für die Eltern und Angehörige der Frühchen ist dies eine besonders herausfordernde Zeit. Die ersten Wochen und Monate des „Kennenlernens“, des Einfühlens und des Erkennens und Reagierens auf die Signale des Kindes sind durch die besondere Versorgungssituation im Krankenhaus beeinflusst. Zudem sind die Eltern in dieser Zeit nicht die einzigen Personen, mit denen die Kinder kommunizieren – auch medizinisches und pflegerisches Personal auf der Station nimmt Signale der Kinder zu unterschiedlichen Bedürfnissen wahr.

Training verbessert die Wahrnehmung von Frühchen-Eltern
Um Eltern dabei zu unterstützen, setzt ein Team aus dem Zentrum für feto/neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum Dresden auf digitale Unterstützung. Ein auf die Entwicklungssignale Frühgeborener spezialisiertes Feinfühligkeitstraining wird den Eltern frühgeborener Kinder, die am Uniklinikum betreut werden, bereits seit 2012 durch das FamilieNetz angeboten. Im Rahmen der Corona-Pandemie haben Psychologinnen des Zentrums für feto/neonatale Gesundheit das analoge Angebot mit finanzieller Unterstützung des Kurt-Goldstein-Instituts digitalisiert und auf lokalen Servern für die Eltern verfügbar gemacht. In einer wissenschaftlichen Begleituntersuchung konnte ergänzend gezeigt werden, dass durch das digitalisierte Trainingsangebot SIGNAL-Train elterliches Wissen und die Selbstwirksamkeit verbessert werden.

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Videos erläutern Gestik und Mimik der Frühchen
„Frühgeborene können wie reifgeborene Kinder nicht sprechen. Sie kommunizieren mit Lauten, aber auch mit Mimik und Gestik. Diese zu verstehen, ist für die Eltern enorm wichtig, um adäquat auf ihr Kind reagieren zu können. Empfinden Frühgeborene zum Beispiel Stress, strecken sie die Hände wie bei einem Stoppzeichen den Eltern entgegen“, erklärte Dipl.-Psychologin Josephin Jahnke, Leiterin FamilieNetz. Sie promoviert zu den Erkenntnissen. SIGNAL-Train macht auf diese Zeichen aufmerksam und gibt Tipps, wie sich Eltern in der entsprechenden Situation verhalten können. „Konkret können sie beispielsweise ihre Hand großflächig auf den Bauch des Kindes legen oder auf eine andere Art für Begrenzung sorgen und so im besten Fall das Kind beruhigen“, sagt sie. Je mehr die Eltern die Interaktion mit und durch ihre Kinder verstehen, desto besser entwickeln sich diese während der Zeit auf Station und auch danach.


Online-Kurs und digitales Tagebuch
Um dieses Angebot auch Eltern in den Partnereinrichtungen des Zentrums für feto/neonatale Gesundheit verfügbar zu machen, steht nun ein Online-Kurs zur Verfügung. Die Überführung ist mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Kranke Neugeborene (DSKN) gelungen. Die DSKN hatte bereits vor zwei Jahren mit dem NEODIARY ein digitales Tagebuch für Eltern entwickeln lassen. Dieses Tagebuch können Eltern bundesweit als App kostenlos benutzen. Sie dokumentieren damit ihre Erlebnisse, Gedanken, Gefühle und Erfolge mit ihren Neugeborenen. „Das sensibilisiert für die kleinen und großen Erfolge und macht auch im Nachhinein sichtbar, welchen Weg die Eltern zusammen mit ihren Kindern bewältigt haben. Gerade im oft wochenlangen Alltag eines Klinikaufenthalts ist so etwas wichtig“, sagt Prof. Mario Rüdiger, Gründungsdirektor des Zentrums für feto/neonatale Gesundheit. Das NEODIARY wurde bereits modular konzipiert und so programmiert, dass jetzt eine Erweiterung um das Trainingsangebot SIGNAL-Train möglich war. Das Tool steht hier zur Verfügung.
Quelle: Universitätsklinium Carl Gustav Carus Dresden
Fotos: Pexels / Laura Garcia und Vidal Balielo
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