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Liebevoll durch die Trotzphase! Geht das? Wir finden es heraus:

Das Kind steht an der Kasse, schreit jähzornig, weil es noch Süßigkeiten will. Die Mama versucht, die Contenance nicht zu verlieren. Die umstehenden Menschen schauen mitleidig – oder genervt.

Diese oder ähnliche Szenen hat jede Mama, jeder Papa erlebt. Resignieren? Schreien? Endlos diskutieren? Wie schaffen wir es harmonisch durch die Trotzphase? Wir haben uns mit Barbara Weber-Eisenmann und Lisa Wurzbach unterhalten.

mampa:
Sie beschreiben so herrlich die typische Szene: Das Kind flippt an der Supermarktkasse aus. Alle Menschen starren die Mama (oder den Papa) an und warten auf eine klärende Reaktion. Die einen meinen, man ist nicht streng genug. Die anderen finden womöglich, dass man sein Kind zu streng angeht. Aber wie reagiert man tatsächlich richtig in so einem Fall? Jedem Elternteil ist so eine Szene unangenehm. Wie erreiche ich mein Kind, wenn es gerade ausflippt, ohne dabei selber durch zu drehen?

Lisa Wurzbach: 
In dem Kapitel „Im Supermarkt“ greifen wir zwei unterschiedliche Situationen auf, die ziemlich typisch sind. Wir versuchen auf der einen Seite Tipps zu geben, um im Voraus schon Spannung aus der Situation zu nehmen und auf der anderen geht es um die akute Situation.

Bei beiden ist uns der Blick auf das Kind wichtig, denn oftmals sind es Kleinigkeiten, die uns als Erwachsene als nichtig erscheinen, für das Kind aber ein Weltuntergang sind. Hier ist es oft nicht einfach zu verstehen, was gerade der Auslöser ist und das ist auch völlig in Ordnung. Man sollte hier den Druck rausnehmen und einfach ehrlich zu seinem Kind sein: „Ich weiß gerade nicht, wie ich dir helfen kann und was dich so wütend macht, aber ich bin für dich da.“ Es kann z.B. auch helfen, aus der Situation rauszugehen – seinem Kind zu sagen, dass man nachher nochmal gemeinsam einkaufen gehen kann. Manchen Kindern hilft es, wenn man sich zu ihnen setzt oder sie gefragt werden, was ihnen helfen würde.

Barbara Weber-Eisenmann: 
Einkäufe können vorher vorbereitet werden, indem man zum Beispiel dem Kind einen Einkaufszettel gibt und es aktiv mit einkaufen darf. Es ist also nicht nur passiv dabei, sondern bekommt eine konkrete und wichtige Aufgabe und ist eingebunden. Manchmal hilft es auch, den Einkauf zeitlich anders zu legen – nach der Kita sind Kinder oft ausgelaugt vom Tag und haben keine Ruhe mehr, entspannt einkaufen zu gehen. Passiert der Wutanfall, hilft es, innerlich ruhig zu bleiben und die Kommentare von außen auszublenden – nicht immer einfach, das wissen wir. Als Elternteil kann man solche Situationen im Kopf durchspielen, bis man tatsächlich ein gewisses „Ist mir egal, was andere sagen“-Gefühl entwickelt, das man dann in solchen Situationen abrufen kann. Bleibt bei euch und eurem Kind – es wird immer jemanden geben, der es besser weiß oder etwas zu kritisieren hat, egal was ihr tut!


Barbara Weber-Eisenmann (rechts)
ist Pädagogin, Bloggerin und Mutter.

Lisa Wurzbach (links)
unterstützt als Fachberaterin Kindertageseinrichtungen bei pädagogischen Fragen zur kindlichen Entwicklung.

Gemeinsam setzen sie sich für die bindungs- und bedürfnisorientierte Begleitung von Kindern ein. Ihre umfassende Erfahrung haben sie nun in ihrem Ratgeber gebündelt:
Liebevoll durch die Trotzphase
(Buch rechts)


mampa:
Jedes Kind geht durch die Phase: Ich teste die Geduld oder Strapazierfähigkeit meiner Eltern! Wie weit kann ich gehen?! Im Allgemeinen heißt es: Wenn man hier nicht standhaft und standhaft reagiert, tanzt das Kind einem bald auf dem Kopf rum. Und wenn dann die Pubertät kommt, gnade einem Gott. Wie weise ich das Kind „in die Schranken“, ohne es brüskieren zu müssen oder ohne harte Bandagen einzuführen?

Lisa Wurzbach: 
Wir sprechen davon, liebevoll Grenzen zu setzen. Hier hilft es, gemeinsam Regeln aufzustellen, die in der Familie gelten. Kinder lernen so, dass jeder bestimmte Grenzen hat und diese wichtig sind für das gemeinsame Miteinander. Wenn ich mein Kind im Alltag mit einbeziehe und dadurch Möglichkeiten zur Selbsterfahrung schaffe, können Kinder erfahren und verstehen, warum es Grenzen gibt.

Oftmals muss man sich bei den Grenzen aber auch fragen, ob es Grenzen sind, die einem wirklich wichtig sind oder eher solche, die in die Kategorie „Das macht man halt nicht“ fallen. Bei Letzteren sollte genau hingeschaut werden, ob man diese nicht aufbrechen kann und dadurch wichtige Erfahrungsmöglichkeiten geschaffen werden. Kinder sind keine Zinnsoldaten, die in Reih und Glied stehen müssen. Sie sollen ihre Bedürfnisse äußern dürfen und ernstgenommen werden.

Wobei man zwischen Bedürfnis und Wunsch unterscheiden muss. Hat das Kind Hunger und man kocht Spaghetti mit Tomatensoße, dann muss man dem Kind nicht noch zwei weitere Alternativen bieten oder eine Pizza backen, weil das der Wunsch ist.

Hier kann man mit dem Kind sprechen und vereinbaren, dass man z.B. am Wochenende gemeinsam Pizza backen kann, wenn mehr Zeit dafür ist.

Barbara Weber-Eisenmann: 
Ist doch schön, wenn das Kind tanzt. Ich persönlich wünsche jedem Kind, dass es durchs Leben tanzen darf. Im Ernst: Kinder testen oft nicht bewusst, dazu sind sie im Kleinkindalter noch gar nicht in der Lage. Natürlich ist „Aktion erzeugt Reaktion“ spannend, aber die bewusste Manipulation, die ja oft im Raum steht, findet noch nicht statt. Kinder erfahren im Alltag so viele Grenzen, die wir oft selbst gar nicht beeinflussen können (Kita ist zu Ende, Mama muss zur Arbeit und es ist keine Zeit mehr zum Spielen, das Eis ist geschmolzen und somit weg und so weiter), es ist also nicht so, dass Kinder keine Grenzen erfahren. Am besten lernen Kinder eigene oder auch fremde Grenzen zu wahren, indem wir es ihnen vorleben. Kenne ich als Erwachsene meine eigene Grenze und benenne sie auch gegenüber meinem Kind? Lebe ich es meinem Kind vor, wie ich selbst fürsorglich mit Grenzen umgehe? Achte ich die Grenzen meines Kindes? Kann ich klar kommunizieren und bin ich ein verlässlicher Kompass für mein Kind? Grenzen können auch liebevoll aufgezeigt werden, indem sie kindgerecht besprochen werden, das Kind gut durch die Frustration begleitet wird und wir verstehen, dass ein Kind erst lernen muss, mit Grenzen gut umzugehen.

mampa:
Heute geht die Erziehungsmethode „bedürfnisorientiert“ durch die Decke. Hier geht es wohl darum, sich gänzlich auf die Bedürfnisse des Kindes einzulassen. Grenzen werden nicht wirklich aufgezeigt. Die Eltern richten sich gänzlich nach den Befindlichkeiten des Sprosses. Ist diese Erziehungsmethode gesund? Ziehen wir hier kleine Tyrannen heran?

Lisa Wurzbach: 
Direkt vorneweg: Kinder sind keine Tyrannen.

Bedürfnisorientiert wird oft mit Laissez-faire verwechselt. Bei der bedürfnisorientierten Begleitung geht es um die Bedürfnisse des Systems Familie. Hierbei sind die Bedürfnisse aller Beteiligten wichtig und das Kind lernt hier auf andere Rücksicht zu nehmen, da eben nicht nur seine Bedürfnisse im Vordergrund stehen. Es gibt Situationen, in denen es um das Kind geht und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Genauso gibt es Momente, in denen die eigenen Bedürfnisse im Vordergrund stehen. Wenn man z.B, Kopfschmerzen hat, steht dies im Mittelpunkt und das Kind lernt, dass es gerade nicht als Feuerwehrauto durch die Wohnung rasen und laut sein kann. Wie bei der Frage zuvor schon erwähnt, werden Kinder liebevoll Grenzen gesetzt und sie werden mit einbezogen, wenn es darum geht, Regeln für das Familienleben aufzustellen.

Auch schon im Kleinkindalter, kann man Kindern verständlich erklären, warum es nicht alles machen darf. Oftmals müssen wir selbst uns auch hinterfragen, ob Sachen in der Lebensumwelt des Kindes angepasst werden können. Muss die teure Ming-Vase im Wohnzimmer stehen und wie soll das Kind verstehen, dass es mit dieser nicht spielen darf? Kinder sind in der Autonomiephase auf dem Weg zum eigenen ICH, sie möchten die Welt erfahren und selbstständig sein. Hören sie ständig nur ein „nein, das darfst du nicht“ oder „nein, geh da weg“, wird ihnen dies verwehrt. Dabei ist es wichtig zu schauen, wie man ein Kind auf diesem Weg unterstützen kann. Viele solcher Denkanstöße geben wir in unserem Buch.

Barbara Weber-Eisenmann: 
Bedürfnisorientiert bedeutet nicht, dass Kinder keine Grenzen haben, alles dürfen und auf einen Sockel gestellt werden. Es geht um einen liebevollen, wertschätzenden Blick aufs Kind. Bedürfnisorientierung ist kein Erziehungsstil, sondern eine Haltung. Mein Kind wird wahrgenommen, ernst genommen und gesehen. Ich bin in steter Beziehung mit meinem Kind und spiele nur im Notfall (wenn Gefahr in Verzug ist, bei medizinischen Angelegenheiten etc.) meine Machtkarte aus und nehme mein Kind trotzdem gut mit. Ich achte mein Kind so wie ich mich und andere Erwachsene achte. Alle Bedürfnisse sind wichtig. Es gibt viele Vorurteile gegenüber der bedürfnisorientierten Begleitung. Tatsächlich aber geht es darum, Kinder achtsamer zu begleiten. Regeln, Grenzen gibt es sehr wohl, sie werden nur anders kommuniziert. Wir Erwachsene haben dabei eine sehr wichtige Vorbildfunktion. Es geht ohne Strafen, Drohungen, Macht. Kinder werden dadurch gestärkt und resilient. Also zu selbstbestimmten Menschen begleitet, nicht zu kleinen Tyrannen. Es ist eine sehr große Angst bei vielen Eltern, dass ihr Kind zu sehr verwöhnt wird, keine Disziplin kennt und somit in unserer Gesellschaft nicht bestehen kann. Stellt sich doch die Frage, ob wir so eine Gesellschaft weiterhin wollen. Kinder dürfen mitdenken, werden gehört und gesehen und müssen nicht mehr wie früher blind gehorchen, „nur weil ein Erwachsener das so sagt“. Es ist ein Miteinander, kein machtvolles Gegeneinander. Sind wir Vorbild in vielen Dinge, lernen sie entsprechende Verhaltensweisen von uns – aber nicht durch Druck, sondern durch liebevolle Begleitung. Zu viel Liebe kann es nicht geben.

Liebe Barbara Weber-Eisenmann & Lisa Wurzbach: 
Lieben Dank für das spannende Gespräch!
Maria Burges

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